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«Die Wissenschaft sieht politischen Handlungsbedarf bei der Biodiversität»

Carte Blanche für Florian Altermatt, Loïc Pellissier und Maria J. Santos

1.7.24 – Zustand und Entwicklung der Biodiversität in der Schweiz sind nach wie vor besorgniserregend. Der negative Trend zeigt, dass die Bemühungen der verschiedenen Akteure zum Schutz und zur Erhaltung der Biodiversität nicht ausreichen. Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass ein konsequenter Vollzug der bestehenden gesetzlichen Instrumente und weitergehende politische Schritte notwendig sind, um eine Trendwende zu erreichen.

Carte Blanche / Altermatt Pellissier Santos
Bild: SCNAT

Wer kennt sie nicht, die Vorteile von sauberem Wasser, fruchtbaren Böden, lebendigen Wäldern, bunten Wiesen und intakten Landschaften. Sie prägen unsere Gesundheit, unsere Heimat und die Identität der Schweiz. Von mehr Biodiversität profitieren wir langfristig alle und sie ist auch eine Voraussetzung, um uns an den Klimawandel anzupassen. Die Wissenschaft weist seit langem darauf hin, dass es im Interesse der Bevölkerung und Wirtschaft ist, die Biodiversität und ihre Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Trinkwasserreinigung oder Erosionsschutz zu sichern. Wissenschaftlich breit abgestützte Analysen zeigen jedoch, dass der Zustand und die Entwicklung der Biodiversität in der Schweiz immer noch besorgniserregend sind. Trotz einzelner lokaler Verbesserungen verschlimmert sich die Gesamtsituation weiter und ist im Vergleich zu direkt benachbarten Ländern deutlich schlechter. Der Allgemeinheit entstehen durch die Beeinträchtigung der Biodiversität hohe Kosten.

Trendwende ist möglich

Wo und wie angesetzt werden kann, um den Abwärtstrend umzukehren, ist bekannt. Die bisherigen Instrumente und Massnahmen wurden nur teilweise umgesetzt, und reichen nachweislich nicht aus, um den quantitativen und qualitativen Verlust an Lebensräumen sowie den Rückgang der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt zu stoppen. Die vom Bund gesetzten Ziele wurden nicht erreicht. Wo Massnahmen zugunsten der Biodiversität konsequent umgesetzt werden, führen sie jedoch in aller Regel zu deutlicher Verbesserung.

Wenn wir jetzt die erfolgreichen Massnahmen ausweiten und umsetzen, statt auf halbem Wege stehen zu bleiben, ist eine Trendwende möglich. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es eindeutig: Es braucht mehr qualitativ hochwertige Flächen, auf denen die Biodiversität Priorität hat, und sie müssen besser miteinander vernetzt und langfristig erhalten werden. Dies gilt für Gebiete in Siedlungen genauso wie für Gebiete in der Landwirtschaft, im Wald, im alpinen Raum, in und an den Gewässern.

Politischer Handlungsbedarf

Der dringende Handlungsbedarf zur Erhaltung der Biodiversität und ihrer Leistungen wurde vom Bundesrat und den Kantonen erkannt und mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ein Weg für die Zukunft vorgeschlagen. Der Gegenvorschlag des Bundesrats ist im Ständerat jedoch knapp gescheitert, trotz breiter Unterstützung durch die Kantone. Damit die Schweiz ihre national gesetzten Biodiversitätsziele erreichen und die lebenswichtigen Ökosystemleistungen erhalten kann, sind deshalb rasch weitere politische Entscheide notwendig. Aus diesem Grund erachten wir als Wissenschaftler:innen Ziel und Zweck der Biodiversitätsinitiative als sinnvoll. Die wichtigsten Entscheidungen liegen nun in den Händen der Bevölkerung und der Politik, um auf die von der Wissenschaft gelieferten Erkenntnisse zum Wohle der Biodiversität und der Schweizer Gesellschaft adäquat zu reagieren.

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Florian Altermatt ist Professor für Aquatische Ökologie an der Universität Zürich und der Eawag. Loïc Pellissier ist Professor für Ökosysteme und Landschaftsevolution an der ETH Zürich und der WSL. Maria J. Santos ist Professorin für Erdsystemwissenschaften an der Universität Zürich.

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